Siemens Case Study

Wenn anders sein zur Stärke wird

Auf einen Blick

Bei der Siemens Cybersicherheit arbeitet ein autistischer auticon IT Consultant in dem Projektteam, das das Siemens Zero Trust Programm neutral und basierend auf international gültigen Standards wie CISA und NIST bewertet – mit Erfolg, wie der Artikel von Siemens zeigt, den der Konzern uns freundlicherweise zur Verfügung stellt.
KundeSiemens
LeistungenCybersecurity
ManagerBernd Bauer, Head of Protection and Consulting Services
Siemens logo

Hintergrund

Wir alle kennen das: Wo verschiedene Personen zusammenarbeiten, „menschelt“ es auch. Denn jede und jeder ist anders hinsichtlich Charakter, Hintergrund, Vorlieben, Fähigkeiten und Kenntnissen, Einstellung… Dies führt nicht selten zu Herausforderungen und Missverständnissen. Da hilft miteinander reden. Was aber, wenn eine neurodivergente Person Teil des Teams wird? Wie kommuniziert und arbeitet man dann miteinander? Und hat es wirklich Vorteile, ein Team neurodivergent aufzustellen? Ein Erfahrungsbericht aus der Siemens Cybersicherheit anlässlich des Welt-Autismus-Monats April 2024.

Schon seit Dezember arbeitet Max Müller (Name von der Redaktion geändert) von der Firma auticon als externer IT Consultant bei Siemens im Team der Cybersecurity, das unter anderem die Kolleginnen und Kollegen der Cybersicherheit im Projekt- und Risikomanagement von laufenden Cybersicherheitsprojekten unterstützt. Herr Müller ist Teil des Projektteams, das das Siemens Zero Trust Programm neutral und basierend auf international gültigen Standards wie CISA (Cybersecurity & Infrastructure Security Agency) und NIST (National Institute of Standards and Technology) bewerten soll. Zu diesem Zweck führt er zahlreiche Interviews mit verschiedenen Abteilungen der Siemens AG und wertet diese aus. So weit, so gut, und auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches. Doch Herr Müller ist Autist – und dadurch ganz besonders für diese Aufgabe geeignet, wie auch Bernd Bauer von der Siemens Cybersecurity findet:

„Max kann sich aufgrund seiner autistischen Stärken sehr schnell in Themen einarbeiten und innerhalb kürzester Zeit die relevanten Informationen verarbeiten, wofür eine neurotypische Person deutlich länger bräuchte. Deshalb ist seine aktuelle Aufgabe, Interviews zu führen und auszuwerten, aus meiner Sicht perfekt für ihn. Grundsätzlich denke ich, dass autistische Personen in der IT und Cybersicherheit einen wertvollen Beitrag leisten können, eben weil sie komplexe Zusammenhänge gut erkennen können.“

Ziele und Lösungsweg

Den ersten Anstoß für die Zusammenarbeit mit einem autistischen IT Consultant gab Natalia Oropeza, Global Chief Cybersecurity Officer und Chief Diversity Officer bei Siemens, und rannte damit offene Türen ein. Die Bereitschaft war groß, ein passendes Projekt war mit der Zero Trust Evaluierung schnell gefunden und Herr Müller stellte sich direkt als der geeignetste Kandidat heraus. Nachdem alle Voraussetzungen geschaffen waren und das Onboarding abgeschlossen war, konnte er loslegen.

„Zunächst habe ich mich intensiv in das Thema Zero Trust eingearbeitet und darauf basierend die Fragebögen für die Interviews entwickelt“, erklärt Max Müller. „Momentan führe ich pro Tag ein bis zwei Interviews, bereite diese nach und integriere die Informationen entsprechend in der Zero Trust Evaluierung. Für mich ist diese Aufgabe gut geeignet, denn ich kann mich im Vergleich zu neurotypischen Personen sehr schnell in unbekannte Themen einarbeiten sowie große Mengen an Daten und Informationen erfassen, strukturieren und aufbereiten. Zudem kann ich meine Arbeitszeit flexibel einteilen und mir so die nötigen Ausgleichsphasen mit meiner Familie schaffen. Diese Pausen brauche ich, um neue Situationen und Kontakte mit fremden Menschen zu verarbeiten und danach wieder weitermachen zu können.“

Herr Müller fühlt sich wohl bei Siemens, denn sein neues Team ist hochmotiviert bei der Arbeit und hat ihn mit offenen Armen empfangen. Einzig die Strukturen, Prozesse und zahlreichen Abkürzungen im Großkonzern bringen ihn manchmal noch an seine Grenzen.

Kunden-Feedback

Doch bei all dem positiven Feedback zur Zusammenarbeit ist eines klar: Ein Selbstläufer ist sie nicht. Denn wie immer, wenn verschiedene Menschen miteinander arbeiten, muss man sich aufeinander einstellen und Dinge anpassen – bei autistischen Personen gilt das besonders. So gibt es im Projekt der Zero Trust Evaluierung zum Beispiel keine Adhoc-Meetings, sondern Termine werden nur noch mit ausreichend Vorlauf eingestellt, damit sich Herr Müller darauf vorbereiten kann. Und alle anderen Teilnehmenden auch, denn ein bisschen Planbarkeit ist für alle von Vorteil.

Außerdem unterstützt die Firma auticon ihre Consultants, aber auch die Kunden, mit einem detaillierten Coaching. „Die Enabling Session, die wir zu Beginn der Zusammenarbeit mit auticon hatten, war unglaublich hilfreich“, blickt Johannes Ixmeier zurück. „Denn nicht alle aus dem Team hatten vorher schon Berührungspunkte mit autistischen Personen und wussten, damit umzugehen. auticon hat uns in das Thema Autismus eingeführt und wir haben gemeinsam Stärken, Schwächen und Verhaltensweisen diskutiert und reflektiert. Dabei konnten wir offen über alles sprechen und unsere Fragen stellen, ohne dass es jemandem unangenehm sein musste.“

Bernd Bauer ergänzt: „Im Lauf der Enabling Session hat Max uns auch ein Briefing gegeben, wer er ist, wie er tickt und was er zum Arbeiten braucht. Eine Art ‚Bedienungsanleitung‘ sozusagen. Seitdem wissen wir, wie wir ihn bestmöglich unterstützen, was ihn einschränkt und wie wir alle miteinander umgehen. Max hat das alles sehr gut dargestellt und teilt uns immer mit, was er braucht, sodass seine Integration in unserem Team problemlos war.“

Ergebnis

Doch abgesehen davon läuft es wirklich gut: „Die Aufgabenstellung ist, in kurzer Zeit eine objektive, faktenbasierte Bewertung abzugeben, wo Siemens hinsichtlich Zero Trust im internationalen Vergleich steht“, erklärt Projektleiter Johannes Ixmeier von der Siemens Cybersecurity. „Dafür wollten wir von Anfang an jemand Externes beauftragen, um größtmögliche Neutralität zu gewährleisten. Max hat sich schnell und effizient eingearbeitet, ist sehr produktiv und kommt bei den Interviewpartnern mit seiner freundlich-sachlichen und direkten Art gut an. Wir sind sehr froh, dass Max uns unterstützt, denn er ist für das Projekt definitiv ein Gewinn.“ Tatsächlich läuft es so gut, dass in der Cybersecurity kürzlich ein zweiter externer IT Consultant von auticon als Solution Architect für ein anderes Projekt gestartet ist. Darüber hinaus plant Bernd Bauer, das Team langfristig neurodivergenter aufzustellen und dafür auch Mitarbeitende mit autistischem Spektrum einzustellen.

Zusammenarbeit mit sozialen IT-Lieferanten fördern

Doch wie kommt man überhaupt mit einem Soziallieferanten wie auticon in Kontakt und wer unterstützt beim Einkaufs- und Onboarding-Prozess? Hier kommt das Team vom Siemens IT-Einkauf ins Spiel, das sich zum Ziel gesetzt hat, den Einkauf von IT-Dienstleistungen nachhaltiger zu machen. Zu diesem Zweck nehmen sie regelmäßig an Pitches unter der Schirmherrschaft des Social Entrepreneurship Network statt, bei denen sich Soziallieferanten aus verschiedenen Bereichen gegenüber Unternehmen vorstellen.

„Wir haben schnell gemerkt, dass auticon ein für Siemens passendes Angebot hat“, blickt Stephanie Pfannenstein zurück. Sie treibt das Thema Soziallieferanten im IT-Einkauf im Team Category Development voran. „Nachdem wir mit auticon deren grundsätzliche Verfügbarkeit geklärt und bei uns ein passendes Erstprojekt gefunden hatten, ging unser standardisierter Einkaufsprozess seinen Gang. Das Onboarding des Consultants selbst inklusive der nötigen Cybersicherheitsvorkehrungen fand dann schon direkt im Team der Cybersecurity statt.“

Grundsätzlich eignet sich die Kollaboration mit einem Soziallieferanten für alle IT-Teams und -Abteilungen bei Siemens. Deshalb ist das Team vom IT-Einkauf auch kontinuierlich auf der Suche nach weiteren geeigneten Unternehmen, um das Angebot Stück für Stück auszubauen. Darüber hinaus unterstützen sie beim Onboarding des Lieferanten, damit die Zusammenarbeit schnellstmöglich starten kann.

Denn es lohnt sich, wie Max Müller betont:

„Man muss nicht erst gezielt nach neurodivergenten Menschen suchen, denn wir arbeiten ja schon in diversen Teams mit vielen Personen, die alle auf ihre Art unterschiedlich sind und anders wirken. Ich glaube, dieses Bewusstsein im Arbeitsalltag tut generell den Teams gut. Und man kann viele Kleinigkeiten von vornherein anpassen, die allen den Arbeitsalltag erleichtern können – ob neurodivergent oder nicht.“

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