Ein Team aus autistischen auticon Consultants entwickelt eine umfangreiche Cloud-basierte Web Applikation mit einem Python Rechenkern für komplexe, finanzmathematische Kalkulationen im Bereich Rückversicherungen der R+V. Die auticon IT-Spezialist*innen begeistern durch die hohe Qualität ihrer Arbeit und widerlegen gängige Vorurteile gegenüber Autist*innen.
Seit 1922 ist die R+V der Versicherungsexperte in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe der Volksbanken Raiffeisenbanken. Dahinter stehen 18,5 Millionen Mitglieder der deutschen Genossenschaftsbanken und über 16.000 Mitarbeitende. Nachhaltigkeit und im Speziellen soziale Nachhaltigkeit haben seit jeher einen hohen Stellenwert bei der R+V. Der Mensch im Mittelpunkt und eine Unternehmenspolitik, die das Mit- und Füreinander fördert, die gemeinschaftlich und genossenschaftlich orientiert ist und einen offenen, respektvollen und wertschätzenden Umgang mit allen Stakeholdern zum Ziel hat – dafür steht der Versicherungskonzern. Der Markenclaim der R+V ist nicht umsonst: „Du bist nicht allein“.
Dass das nicht nur leere Worte sind, sondern aktiv gelebt wird und die Basis für den Erfolg des Konzerns ist, zeigt die Zusammenarbeit mit dem IT-Dienstleister und Social Supplier auticon Deutschland GmbH. Das Unternehmen, das 2011 in Berlin gegründet wurde und inzwischen unter dem Dach der auticon Holding GmbH weltweit auf drei Kontinenten aktiv ist, beschäftigt ausschließlich Autist*innen als IT-Consultants. auticon stellt sie fest an und setzt sie in Kundenprojekten ein, in denen sie die Teams der Auftraggeber durch ihre umfangreichen Skills, ihre kognitiven Fähigkeiten und ihre Persönlichkeiten begeistern. In einem umfangreichen und Business-kritischen Projekt zur Entwicklung eines neuen Rechenkerns bei der R+V Rückversicherung wurde ein komplettes Team von auticon für die Umsetzung beauftragt.
Der Rechenkern führt als technische Komponente komplexe, finanzmathematische Kalkulationen aus, etwa für die Berechnung der Risiken für Rückversicherungsverträge mit Versicherern weltweit, und ist damit für die R+V eine besonders geschäftskritische Anwendung. Zahlen werden zudem an sehr verschiedene Auftraggeber / Stakeholder geliefert, sowohl nach innen als auch nach außen.
Start des Projekts war im Jahr 2021 mit einem zunächst vergleichsweise kleinen Vorhaben zur Entwicklung eines neuen Algorithmus für die Berechnung von Kennzahlen der R+V Rückversicherung. Dafür wurden verschiedene Anwendungen innerhalb einer über Jahre hin gewachsenen heterogene Tool-Landschaft genutzt, die an ihre Kapazitätsgrenzen kam.
„Wir handeln mit Risiko und müssen wissen, wie hoch das Risiko ist, das wir uns einkaufen“, erklärt Christiane Scholl, Product Owner für das Projekt bei der R+V. „Je besser wir die Zahlen berechnen, simulieren, ermitteln können, desto besser werden wir auch als Unternehmen, deshalb ist das steuerungsrelevant“.
Zunächst wurde in einem kleinen, explorativen Projekt die heterogene Modul-Landschaft konsolidiert und auf Python als Programmiersprache standardisiert. Martin Neumann, ein Consultant von auticon, unterstützte das Projekt mit seiner Python-Expertise und strategischen Herangehensweise an die Aufgabe. Wie alle IT-Expert*innen bei auticon ist er Autist – dies war im Unternehmen auch bereits bekannt, denn auticons Modell basiert darauf, von Anfang an offen darüber zu sprechen, damit die autistischen IT-Consultants sich nicht verstellen oder ständig erklären müssen. So können sie ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten voll einbringen.
„Ich bin sehr offen herangegangen und hatte auch schon einiges über Autisten gelesen, dennoch war ich überrascht. Es gibt so viele Vorurteile, etwa, dass sie keine Ironie verstehen oder keinen Humor haben. Martin hat das alles widerlegt“, erinnert sich Christiane Scholl. „Er war mit ganzer Seele dabei – definitiv mit mehr Engagement und Herzblut, als man von einem Dienstleister erwarten würde. Er hat das Projekt wirklich vorangebracht“.
Dieses erste Projekt wurde die Basis des Rechenkerns der Web-Applikation, denn das Ergebnis war zwar eine gut funktionierende kleine Anwendung, die lokal auf den Rechnern der User lief – aber eben nur dort. Es wurde entschieden, daraus eine Cloud-basierte umfangreiche Web-Anwendung zu machen.
Da das explorative Projekt so gut gelaufen war, sollte das bisherige vierköpfige Projektteam das Vorhaben umsetzen. Dafür musste es allerdings erweitert werden. Nach den bisherigen sehr positiven Erfahrungen entschloss sich die R+V, weitere autistische auticon-Spezialist*innen zu verpflichten, die in verschiedenen Funktionen die Umsetzung durchführten.
Die zusätzlichen Berater*innen wurden von Martin Neumann und dem auticon Kunden- und Projektmanagement aus dem Consultant-Pool von auticon ausgewählt. Martin Neumann wollte das bestmögliche Team für die R+V zusammenstellen und hat dafür sogar bei den damals aktuellen Bewerber*innen nach den passenden möglichen Mitgliedern gesucht. Angetrieben hat ihn dabei auch der Wunsch, das auticon-Konzept umzusetzen, nämlich ein perfektes Matching zwischen den Skills und Fähigkeiten der autistischen IT-Spezialist*innen, den fachlichen Anforderungen des Kunden und den individuellen Charakteristika des Projektteams zu schaffen und damit das gesamte Potenzial aller Beteiligten voll auszuschöpfen. Das erfordert nicht nur große Sachkenntnis und Verständnis der Projektziele und Business Needs, sondern auch sehr viel Feingefühl und Menschenkenntnis, um eine Gruppe zu formen, die harmonisch und effizient zusammenarbeitet und bei der jeder an der richtigen Stelle eingesetzt wird – etwas, was man einem Autisten in der Regel nicht zutraut.
Ziele des neuen Projekts:
Es waren im ersten Projekt viele gute Ideen entstanden, die nun strukturiert und wirklich professionell umgesetzt werden konnten. Das Team entschied sich für den Einsatz dieser Tools:
Python bietet gegenüber anderen Sprachen eine sehr klare, einfache Syntax, was eine schnelle Entwicklung von funktionsfähigem Code bei gleichzeitig weniger Code-Zeilen ermöglicht. Die stabile und flexible Programmiersprache ist ideal für Machine Learning und KI-Anwendungen und wird bevorzugt in Data Science und Analytics-Umgebungen eingesetzt.
Die auticon Consultants sind für verschiedene Aufgabenbereiche zuständig – vom Design der Software-Architektur bis zum Aktualisieren von veraltetem Code. Die Hauptaufgaben des Entwickler-Teams sind zum einen die Programmierung einer Schnittstelle zwischen dem Frontend der Anwendung für unterschiedliche Benutzer, die von einem spezialisierten Dienstleister User-freundlich und intuitiv gestaltet ist, und dem Backend. Zum anderen ist es die technische Weiterentwicklung des Python-Rechenkerns sowie die Umsetzung der fachlichen Weiterentwicklung in quantitativer und qualitativer Hinsicht in enger Abstimmung mit dem Fachbereich. Die zugrunde liegende hochfunktionale Finanzmathematik ist die Leistung der Spezialist*innen der R+V.
Leistungsfähige und flexible IT mit einem perfekten Fit zu unseren Geschäftsprozessen ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die R+V Re. Bei der Entwicklung des ‚Risk Management Workplace‘ haben wir viele innovative Wege beschritten. Mit dem tiefgehenden Know-how des Entwicklerteams von auticon konnten wir zahlreiche technische Herausforderungen meistern.
— Dr. Matthias Maneth-Desrochers, Direktor Bereichsleiter Financial Department & ITHier lernt jeder vom anderen, und die Erfahrung mit den Autist*innen tut allen im Team gut. Die auticon Consultants identifizieren sich sehr mit dem Projekt, sind loyal und haben extrem viel Teamgeist. Sie sind herzlich, empathisch, authentisch, offen und ehrlich, zum Teil sehr kommunikationsstark, haben Humor und verbreiten gute Laune! Bemerkenswert ist ihr Verantwortungsgefühl. Sie sind sehr intelligent und denken mit und weiter. Durch ihre unkonventionellen Ideen kann man sie gut explorativ einsetzen.
— Christiane Scholl, Product Owner
Für die produktive Anwendung der Rechenkernlogik wurde eine ziemlich große und komplexe Anwendung in sehr passabler Zeit hochgezogen. Entstanden ist ein niedrigschwellig und vielfältig nutzbares Tool für die Lieferung von Kennzahlen, das ganz auf die Anforderungen der R+V zugeschnitten ist.
„Ich war selbst neu in der Teamführung, das Projekt war neu – es war deshalb anfangs schwer, konkrete Erwartungen zu formulieren“, sagt Christiane Scholl abschließend. „Natürlich gab es auch mal Ansätze, die nicht so erfolgreich waren, das war auch der Tatsache geschuldet, dass viele neue Technologien eingesetzt wurden. Das Team gilt aber innerhalb der R+V als sehr leistungsstark, es hat einen guten Ruf und ist anerkannt. Das geht nur, wenn alle an einem Strang ziehen und hochmotiviert sind. Die auticon Consultants sind das Herz und die Seele des Projekts“.
Der Kundennutzen: